Es gibt zwei Möglichkeiten, Epilepsien zu klassifizieren. Zum einen nach ihrer Ursache, zum anderen nach dem Erscheinungsbild der Anfälle. Die Nomenklatur der Einteilungen ist im Umbruch, daher geben wir hier sowohl die alten als auch die neuen Begriffe an.
Klassifikation nach Ursachen
Klassifikation nach Anfallsformen
Anfälle haben viele verschiedene Erscheinungsformen, die heutzutage sehr differenziert eingeteilt werden können. Grob unterscheidet man nach der Ausbreitung der epileptischen Aktivität im Gehirn nach:
Mit motorischen Symptomen:
z. B. Generalisierter tonisch-klonischer Anfall (Grand mal-Anfall)
Diese Anfallsform verläuft in mehreren Phasen, die auch teilweise übersprungen werden können.
Ohne motorische Symptome
z. B. Absence:
Kurze Bewusstseinspause, bei der das Kind in seiner Handlung verharrt, einen starren Blick bekommt, eventuell nach oben schaut, mit den Augen blinzelt oder mit den Lidern zuckt. Dauer: gewöhnlich nur ein paar Sekunden (= „Hans Guck-in-die-Luft“). Der Anfall beginnt plötzlich und endet ganz abrupt. Diese Anfälle können sehr häufig am Tag in Serien auftreten, manchmal hundertmal oder mehr. Die Kinder haben für die Dauer des Anfalls kein Bewusstsein, können jedoch automatische Dinge weiter ausführen (z. B. Radfahren, Laufen). Sie fallen dabei nicht hin.
Fokale Anfälle können sowohl bei komplett erhaltenem Bewusstsein auftreten (einfach fokal), aber auch mit eingeschränktem Bewusstsein (komplex-fokal). Zusätzlich unterscheidet man, ob sich der Anfall durch motorische Symptome (z. B. Bewegungen, Zuckungen) manifestiert oder durch nicht motorische Symptome (Kribbeln in der Hand, Blass-werden o. ä.).
Bewusst erlebter Anfall (alt: einfach-fokal):
Eine bestimmte Stelle/Region (= Fokus) im Gehirn ist in ihrer Funktion gestört. Das Kind spürt z. B. ein Zucken der Hand, des Mundes oder (von außen nicht sichtbar) ein komisches Gefühl oder ein Kribbeln – je nachdem, welche Region des Gehirns von der epileptischen Aktivität betroffen ist. Es erlebt den Anfall bei vollem Bewusstsein, kann aber z. B. das Zucken nicht unterdrücken.
Nicht bewusst erlebter Anfall (alt: komplex-fokal):
Stellen im Gehirn, die das Bewusstsein beeinflussen, sind in ihrer Funktion gestört. Während des Anfalls ist das Bewusstsein mehr oder weniger eingeschränkt und das Kind reagiert nur bedingt sinnvoll auf Ansprache. Dabei können nicht nur Nesteln und Schmatzen, sondern auch komplexe Handlungsabläufe auftreten, z. B. packt ein Kind ohne ersichtlichen Grund seine Büchertasche ein oder schiebt einen Stuhl durch das Klassenzimmer.
Diese Anfälle beginnen und enden langsam - es dauert einige Zeit, bis das Kind wieder ansprechbar ist.
Fokale Anfälle können auch in einen Grand mal-Anfall übergehen, man spricht dann von einer sekundären Generalisierung.